Die in den ersten beiden blog-beiträgen diskutierte faltung eines rechteckigen stück papiers (mit dem speziellen seitenverhältnis von √3) ergibt ein gleichseitiges dreieck. Mit einem beliebigen, rechteckigen stück papier wird mit einer der dort beschriebenen methoden dagegen allgemein ein gleichschenkliges dreieck gefaltet: Eine ecke des papiers wird auf die diagonal gegenüber liegende ecke gefaltet, z.b. die ecke D auf B (dort als D' identifiziert), wobei die ecke A nach A' geht. Der dabei entstehende falz XY, der die beiden langen kanten b in die teilkanten der länge DX = YB = u und XC = AY = v teilt, bildet die basis des gleichseitigen dreiecks. Die beiden anderen seiten werden durch falten der teildreiecke XBC und YA'D' zur papiermitte hin erzeugt, sodass die falze XD' und YB entlang der teilkanten u enstehen, wie aus dem diagramm ersichtlich. (Einige der bezeichnungen der hier gezeigten faltung weichen von den diagrammen im ersten und zweiten posting ab, außerdem werden neue bezeichnungen für die teilkanten eingeführt.)
Das nebenstehende diagramm zeigt die verhältnisse nach dem ersten falten. Die oberseite des papiers ist rötlich gefärbt, die unterseite bläulich. Gestrichelte linien deuten die bewegung der ecken beim falten an. Nach einer faltung ist die neue position einer ecke durch einen einfach gestrichenen, nach der zweiten faltung durch einen doppelt gestrichenen buchstaben gekennzeichnet.
Ein bestimmtes papierrechteck der breite b ist durch das seitenverhältnis p = b/a gekennzeichnet; a ist die länge der kurzen kante. Im folgenden werden die beziehungen zwischen einigen charakteristischen größen untersucht, die beim falten auftreten.
Der falzwinkel α (alpha) entsteht mit dem ersten falz bei X als ∠YXD' und bei Y als ∠XYB. Der apexwinkel β (beta) wird dann von den teilkanten YB und XD' gebildet. Diese kanten, längs denen die zweiten falze gefaltet werden, bilden mit den kurzen kanten a den kantwinkel γ (gamma).
Zwischen den winkeln und längen erkennt man die folgenden beziehungen:
α + β/2 = π/2 und β + γ = π/2 .
Daraus folgt auch, dass α = β/2 + γ ist.
Die lage des ersten falzes, und damit auch der falzwinkel α, ist durch die geometrie des rechtecks bestimmt—ecke D kommt als D' auf B zu liegen—was zu der beziehung p = tan α führt. Daraus ergibt sich direkt die größe des falzwinkels zu α = arctan p. Der apexwinkel β wird von den kanten YB und XD' gebildet; dann gilt auch cot β/2 = p oder auch β = 2·arctan(1/p). Aus der zeichnung folgt gleichermaßen, dass auch ∠CXD' = β ist, woraus sich cos β = v/u ergibt.
Die länge f des ersten falzes XY ergibt sich aufgrund der ähnlichkeit der beim falten auftretenden rechtwinkligen dreiecke aus der beziehung f/d = a/b = 1/p zu
f = d/p = (a/p)·√(p² + 1)
wobei BD = AC = d = √(a² + b²) = a√(p² + 1) die diagonale des papierrechtecks ist.
Die länge u der schenkel lässt sich mithilfe des rechtwinkligen dreiecks, in dem es hypotenuse ist, ebenfalls in abhängigkeit des seitenverhältnisses p ausdrücken als
u = (a/2p)·(p² + 1) = (a/2)·(p + 1/p) .
Für die länge v der anderen teilstrecke findet man gleichermaßen v = (a/2p)·(p² – 1). Das verhältnis der teilstrecken u und v ist also v/u = (p² – 1)/(p² + 1). Damit lässt sich dann auch der kantwinkel γ = arcsin[(p² – 1)/(p² + 1)] direkt vom verwendeten papierformat berechnen. Ähnlich gilt für den apexwinkel β = arccos[(p² – 1)/(p² + 1)].
Einige werte von p sind von besonderem interesse und werden hier kurz vorgestellt. Der triviale wert
von p = 1, d.h. ein quadrat mit b = a, ergibt einen diagonalen ersten falz und erlaubt keine zweite faltung. Zum papierformat DIN An, durch p = √2 gekennzeichnet, ist nur zu bemerken, dass zur bildung des gleichschenkligen dreiecks eine dritte faltung nötig wird, damit die ecken C" und A" innerhalb der dreiecksfläche zu liegen kommen, nämlich um den falz XY herum. Erst für p ≥ √3 (und solange p ≤ 1+√2 = 2.141... ist, wie weiter unten gezeigt wird) genügen zwei falzprozesse, um ein dreieck zu bilden.
Die faltung eines rechtecks, dessen seiten im verhältnis des goldenen schnitts, g = (√5 + 1)/2, stehen, also p = g = 1.618..., benötigt damit also auch noch einen weiteren faltprozess, damit das gleichschenklige dreieck vollständig gefaltet ist; der apexwinkel ist dabei mit 63,4° nur wenig größer als beim gleichseitigen dreieck.
In diesem zusammenhang kann man auch fragen, für welches seitenverhältnis der erste falz die lange seite im verhältnis des goldenen schnitts teilt, also so, dass u/v = g = (√5 + 1)/2 oder v/u = (√5 – 1)/2 ist. Das wird für p = √[(g + 1)/(g – 1)] oder p = √(√5 + 2) = 2.058... erreicht.
Der übergang bei p = √3 ist übrigens auch dadurch gekennzeichnet, dass dabei der apexwinkel beta gleich dem faltwinkel alpha wird, β = α , und dass das gefaltete dreieck dann, wie bekannt, ein gleichseitiges ist. Eine andere interessante grenze wird für γ = β erreicht, also wenn der kantwinkel gamma gleich dem apexwinkel beta wird, was für ein seitenverhältnis von p = (√2 + 1) = 2,414... der fall ist. Dann liegt die ecke C" genau auf der unteren langen kante (und A" auf der oberen).
Außer den drei winkeln und dem teilstreckenverhältnis sowie der falzlänge f sind noch zwei andere größen von interesse: (i) die fläche F∆ des gefalteten gleichseitigen dreiecks, und (ii) die position der ecken C" und A", die beim zweiten falzen der dreiecke XCB und YA'D' an den teilkanten XD' und YB sozusagen gespiegelt wurden.
Die fläche des gleichseitigen dreiecks ist die hälfte der raute BXDY, aus der es durch falten der ecke D auf B entsteht; die fläche der raute ist aber F◊ = f·d/2 = a·u sodass
F∆ = (a²/4p)·(p² + 1) = (a/2)²·(p + 1/p) .
Dieser ausdruck wird viel einfacher (und anschaulicher), wenn man die länge d der papierdiagonalen wieder einführt, womit man F∆ = (d/2)²/p erhält.
Die flächen der beiden im zweiten falzschritt umgelegten dreiecke XCB und YA'D' ergänzen die rautenfläche zur größe des rechtecks a·b = a²·p. Im verhältnis zur rechteckfläche des faltpapiers Fab = a²·p wird die dreiecksfläche dann
Arel = F∆/Fab = (p² + 1)/(4p²) = (1 + 1/p²)/4 = (d/2b)² .
Für den fall des gleichseitigen dreiecks, also für p = √3, wird F∆ = a²/√3 und Arel = 1/3.
Die ecken C und A fallen beim zweiten falten auf die symmetrisch zum mittelpunkt M des rechtecks liegenden punkte C" und A". Führt man ein achsenkreuz mit ursprung M ein, dessen achseneinheiten gleich a/2 sind, dann hat punkt C die koordinaten (p,1); nach der faltung geht C in C" über und der punkt C'' habe die koordinaten (xS,yS), d.h. C(p,1) → C"(xS,yS). C und A' werden dabei an den falzen XD' und YB gespiegelt. Mithilfe der analytischen geometrie findet man für die koordinaten von C" als funktion des seitenverhältnisses p folgende ausdrücke
xS = p(p² – 3)²/(p² + 1)² und yS = [10p² – 3(p⁴ + 1)]/(p² + 1)² .
Für p = 1, also einem quadrat, bleibt C" auf C liegen, also xS = yS = 1. Für das anfangs diskutierte papierrechteck mit p = √3 (s. blog 1) fallen C" und A" zusammen auf den mittelpunkt M, d.h. xS = yS = 0. Wird p > √3, bewegen sich C" und A" auf die langen rechteckkanten zu, welche für p = (√2 + 1) = 2,414... erreicht werden, d.h. für C" wird yS = –1. Für größere werte von p werden zur faltung des gleichschenkligen dreiecks zusätzliche faltungen nötig, um die über die langen kanten überstehenden ecken C" und A" zurück auf das dreieck zu bringen, ähnlich wie im bereich 1 ≤ p ≤ √3 für C' und A' nach dem ersten falten.
Die nebenstehende abbildung zeigt die lage von C" im xy–koordinatensystem an; auf der x–achse sind die werte von xS und auf der y–achse die von yS aufgetragen. Die parameterwerte p nehmen entlang der kurve von oben nach unten zu. Der erste punkt mit den koordinaten (1,1) entspricht dem wert p = 1, der punkt (0,0) im koordinaten-ursprung gehört zu p = √3 = 1,732... und der letzte punkt ganz unten, (0,4,–1), wird für p = 2,414... erreicht, wie oben diskutiert.
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